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Projekte unter Palmen: Ein Young Digitals Consultant auf Gran Canaria

Franzi & Nicola
20.4.2021
Lesezeit 4 min
Jede/r sollte Digital Nomading mal ausprobiert haben. Es ist eine einzigartige Atmosphäre, sowohl zum arbeiten als auch zum leben.

Ein Erfahrungsbericht über das Leben als Digitaler Nomade

Der Blick aus einem modernen Office, ein voller Terminkalender und aufwändige Projekte, die mit Hilfe mehrerer mobiler Devices direkt aus einer Metropole koordiniert werden. Das Beratungsgeschäft erfordert von KundInnen ein hohes Maß an Seriosität, das nur allzu oft mit der Vorstellung eines Consultants, sitzend am Schreibtisch in einer Großstadt, einhergeht. Doch was, wenn das Café, die Bibliothek oder der Coworking Space eines fremden Landes zum Arbeitsplatz umfunktioniert wird? Ist das Digital Nomading, also das ortsungebundene Arbeiten, nicht auch für BeraterInnen möglich und vielleicht sogar fördernd? Unser Senior IT Consultant und Senior Software Engineer Erik Hölzel hat es ausprobiert, berichtet von seinen Erfahrungen als Digitaler Nomade auf Gran Canaria und gibt hilfreiche Tipps.

Den Hauptbestandteil seiner Arbeit bei den Young Digitals stellen für Erik vor allem IT- und Coding-Projekte dar, in denen sich die benötigten Rollen oftmals immens voneinander unterscheiden. In seiner beratenden Funktion ist Erik nicht nur als Scrum Master für die Organisation und Durchführung von Plannings, Refinements, Reviews, Retros oder Workshops zuständig, sondern in Team- und Einzelgesprächen vor allem als Facilitator, Konfliktmanager, Motivator und manchmal auch als Psychologe tätig - ein “Mädchen für Alles”, wie er es beschreibt. Neben der Ausarbeitung und Abstimmung von analytischen Ergebnissen ist deshalb besonders die Kommunikation mit allen involvierten Teammitgliedern das, was Erik besonders an seiner Arbeit schätzt. 

Disparität Digital Nomading und Consulting

In komplexen Projekten wird von KundInnen oft erwartet, dass der Fokus der BeraterInnen einzig auf eben diesem Job liegt - konzentriert und stets erreichbar, fernab von Orten zum Relaxen und Destinationen, die zu Abenteuern einladen. Als leidenschaftlicher Surfer wollte Erik jedoch Beruf und Hobby miteinander verbinden und ist als sogenannter Digitaler Nomade für 2,5 Monate an die Nordküste Gran Canarias gezogen. Die Voraussetzungen? Eine sehr gute Internetverbindung, ein ausreichend ausgestatteter und repräsentativer Arbeitsplatz, aber eben auch die Nähe zum Meer.

Abgereist: Der normale Arbeitsalltag an ungewohnten Orten 

Angekommen im kanarischen Las Palmas knüpfte Erik zielgerichtet an seinen normalen Arbeitsalltag an und fokussierte sich auf laufende Consulting-Projekte, während er im Anschluss daran seinem Hobby, dem Surfen, nachgehen konnte. Aus verschiedenen Coworking und Coliving Spaces, über die sich Erik bereits im Vorfeld seiner Reise informiert hatte, traf er auf virtuellem Wege KundInnen, Teams und KollegInnen - professionell, zuverlässig und ohne qualitative Einbußen.

Ein Surfer auf dem Weg ins Meer.

Die Vor-Ort-Bedingungen der Coliving Spaces, die mittels verschiedener Räume sowohl Platz zum Arbeiten als auch zum Relaxen boten, überzeugten ihn dabei am meisten. Die anfängliche Sorge, dass die Internetverbindung nicht stabil genug sei, konnte durch hervorragende Glasfasernetze (wie sie zum Teil nicht einmal in Deutschland vorkommen) aus dem Weg geräumt werden.

Was sind die Herausforderungen des Digital Nomading?

Wenn man sich dazu entscheidet, an einem paradiesischen Ort leben und arbeiten zu wollen, ist vor allem eines besonders wichtig: Disziplin. Neue Umgebungen, Leute und Kulturen können sehr inspirierend sein, gleichzeitig aber auch ablenken. Digitaler Nomade zu sein bedeutet nicht, die Arbeitszeit (ungeplant!) drastisch zu reduzieren oder gar den schönsten Urlaub zu genießen, sondern ein gesundes Gleichgewicht zwischen Leistung und Erholung zu finden. Erik warnt deshalb vor Unstrukturiertheit und einem fehlenden Fokus auf die eigene Performance und gesteckte Ziele, sagt aber auch, dass die Atmosphäre des gemeinsamen Arbeitens mit anderen Menschen vor Ort sehr motivierend sein kann. Auch die Zeitverschiebung zwischen dem aktuellen Aufenthaltsort des Digitalen Nomaden und der KundInnen und Teammitglieder sollte nicht unterschätzt werden, da sie den Arbeitsablauf stark beeinflussen kann.

In Eriks Fall handelte es sich zwar nur um eine Stunde, doch seinen Arbeitsbeginn, verschiedene Meetings oder die Mittagspause musste auch er entsprechend früher einplanen. Für das Digital Nomading ist die Ortswahl also dann entscheidend, wenn trotz unterschiedlicher Zeitzonen gemeinsame Termine oder Deadlines eingehalten werden müssen. Auch die örtlichen Gegebenheiten und Arbeitsplatz-Umstände müssen passen. Projektarbeiten und Video Calls erfordern neben einer sehr guten Internetverbindung einen repräsentativen Arbeitsplatz, der nicht nur funktional, sondern auch ergonomisch angemessen ausgestattet sein muss. (Vor allem in Zeiten einer globalen Pandemie kann die Suche nach einem geeigneten Arbeitsplatz zur Herausforderung werden, wenn Besichtigungen nur digital durchgeführt werden können und die Personenanzahl in Coworking oder Coliving Spaces limitiert ist.)

Also, hot or not? - Tipps von und für Digitale Nomaden

Ortsungebundenes Arbeiten unter Palmen oder in den Bergen - für viele ArbeitnehmerInnen ist es eine spannende Vorstellung, die aufgrund der zunehmenden Remote-Möglichkeiten immer greifbarer scheint. Trotz einiger Herausforderungen, die mit dem Digital Nomading (vor allem in Verbindung mit verschiedenen Jobs) einhergehen, würde unser Senior IT Consultant und Senior Software Engineer Erik es immer wieder tun. “Jede/r sollte das mal ausprobiert haben. Es ist eine einzigartige Atmosphäre, sowohl zum arbeiten als auch zum leben. Vor allem die bunte Vielfalt der Menschen, die man auf einer solchen Reise treffen kann, von IT-EntwicklerInnen bis zu SchriftstellerInnen, fördert die Breite des eigenen Blickwinkels und kann im besten Fall ein starkes und interessantes Netzwerk hervorbringen.” Wenn es um hilfreiche Tipps geht, rät Erik an erster Stelle dazu, einfach auszuprobieren! Da keine langfristigen Verträge mit Unterkünften oder Arbeitsplätzen geschlossen werden müssen, kann ein Digitaler Nomade die Locations so lange wechseln und testen, bis er die für sich besten Bedingungen gefunden hat. Wichtig dabei ist, dass die eigenen Ziele und Wünsche mit den örtlichen Bedingungen vereinbar sind. So war die Nähe zum Meer für Erik ein absolutes Muss, da er neben seinem Job auch seiner Leidenschaft, dem Surfen, nachkommen wollte. 

ArbeitnehmerInnen, die erst einmal testen möchten, ob Digital Nomading überhaupt etwas für sie ist, rät er dazu, zuerst weniger entfernte Ziele auszuwählen, deren Arbeitsmöglichkeiten vielleicht schon in einem Urlaub ausgecheckt werden können. Das typische Van-Life ist zwar auch möglich, muss aber (vor allem, wenn die Arbeit unzählige Video-Calls und Meetings voraussetzt) noch granularer geplant werden. 

Ebenfalls wichtig: das Festlegen einer Arbeitsstruktur. Vor allem an Orten, die aufgrund ihrer Freizeitmöglichkeiten von der eigentlichen Arbeit ablenken, ist es wichtig zu wissen, welche täglichen Aufgaben und Ziele in einem entsprechenden Zeitrahmen erledigt werden müssen. Dies kann und sollte im Voraus auch mit KollegInnen, Team Leads und der Geschäftsführung genau abgesprochen werden. Denn apropos TeamkollegInnen: diese über das Vorhaben zu informieren und stets transparent zu kommunizieren, wann und wie als Digitaler Nomade gearbeitet wird, ist laut Erik eine der wichtigsten Voraussetzungen, um Missverständnisse zu vermeiden und eine fortbestehende, auf Vertrauen und guter Kommunikation basierte Zusammenarbeit zu gewährleisten.

Zum Schluss noch ein Rat ...

Ehrlichkeit währt am längsten. Auch, wenn eine solche Erfahrung noch so reizvoll scheint und zu Abenteuern in der Sonne einlädt: Die große Frage, die sich jeder Digitale Nomade stellen sollte, ist “Was hat mir das Ganze gebracht?”. Denn erst, wenn ein wahrer Wert für den Reisenden selbst oder sogar für seine/n ArbeitgeberIn entstanden ist, hat es sich am Ende wirklich gelohnt. Erik ist davon überzeugt, dass eine ehrliche Selbstreflektion die Grundvoraussetzung eines solchen “Projektes” ist.

Wer in fremden Ländern und Regionen ineffizient arbeitet und schnell den Fokus verliert, sollte vielleicht eher über eine Auszeit nachdenken, als über die Arbeit am Urlaubsort. Wer sich jedoch über die (branchenspezifischen) Herausforderungen sowie die Vor- und Nachteile des Digital Nomading im Klaren ist, kann nur gewinnen - egal ob wichtige persönliche oder berufliche Erfahrungen - auch, als BeraterIn.

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Franziska Kriesel